Otto Reutter

 

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In der Einsamkeit


ein Vortragslied

 

Ach, wir leben heut‘
meist für andre Leut‘,
kehren nie allein
bei uns selber ein.
Jedem rat‘ ich drum:
vor dem Lärm kehr‘ um!
Sei von Zeit zu Zeit
in der Einsamkeit.

Bist mal dort, mal hier,
bist stets außer dir.
Andre sicherlich
kennst du mehr als dich.
Komm‘ doch mal zu dir!
Klopf‘ an deine Tür.
Sei für dich bereit
in der Einsamkeit.

Dort erkennst du dich,
prüfst dein eignes Ich,
spürst, was in dir ist,
staunst, wie nett du bist -
's Herz entdeckst du hier,
kriegst Respekt vor dir,
bist von dir erfreut
in der Einsamkeit.

Schlürf‘ den besten Wein
nur mit dir allein.
Stoß‘ im Keller dann
mit dir selber an.
Trink beim Rebensaft
mit dir Brüderschaft.
Dir sei’s Glas geweiht
in der Einsamkeit.

Mach’s auf Erden nie
wie das Herdenvieh.
Schafe blöken bloß
in Gesellschaft los.
Ochsen brüll’n im Stall - -
doch die Nachtigall
schluchzt ihr Liebesleid
in der Einsamkeit.

Steig‘ den Berg hinan -
schau‘ herunter dann -
ach, wie liegt so weit
all dein Erdenleid,
wenn die Sonne glüht,
wenn die Erde blüht
oder wenn es schneit
in der Einsamkeit.

Trag‘ dein tiefstes Leid
in der Einsamkeit.
Hast du Liebesfreud‘,
meide andre Leut‘!
Musst dann einsam sein -
doch nicht ganz allein -
nein, mit ihr zu zweit,
in der Einsamkeit.

In der Eh‘ zu zwei’n
müsst ihr eins stets sein.
Aber gibt’s mal Streit
in Gemeinsamkeit,
dann, fällt’s schwer auch dir,
halt‘ dich fern von ihr,
bis sie nach dir schreit
in der Einsamkeit.

Hast du Großes vor,
flieh‘ dem lauten Chor.
Schau‘, auch die Natur
schafft im Stillen nur.
Das, was klein und leicht,
wird vereint erreicht.
Großes nur gedeiht
in der Einsamkeit.