Gleich und Gleich

Ein Handwerksbursche kam in ein Wirtshaus an der Straße und setzte sich zum Herd, um seine Hände zu wärmen. Über der Glut steckte eben ein Braten am Spieß und das schmorende Fleisch verbreitete einen gar angenehmen Duft, den der Fremde mit lüsternem Munde einsog. Als er nach einer Weile wieder auf die Landstraße trat, eilte ihm der Wirt nach und forderte Bezahlung.
„Wofür?“ fragte erstaunt der Wandersmann, „ich habe mich ja nur an der Glut Eures Herdes gewärmt, wollt ihr mir das anrechnen?“
„Nein,“ erwiderte der andre, „aber Ihr habt Euch an dem Geruch des Bratens gesättigt, dafür müsst Ihr zahlen!“ Der Handwerksbursche lachte über den vermeintlichen Scherz; da aber der Wirt auf seiner Forderung bestand, dachte er eine Weile nach, dann zog er ein Geldstück aus der Tasche, warf es auf das Fenstergesimse, steckte es aber gleich wieder ein.
„Habt Ihr den Klang des Geldes gehört?“ fragte er. Und als jener bejahte, fuhr er fort: „Ihr habt mich mit dem Geruch Eures Bratens gesättigt, darum bezahle ich Euch mit dem Klange meines Geldes. So Ihr damit nicht zufrieden seid, soll das Gericht zwischen uns entscheiden.“
Der Wirt machte große Augen, war aber klug genug, sich mit dem treffenden Einfall seines Gastes zufrieden zu geben.

Nacherzählt von H. Fraungruber